Bilder im Kopf?

Fantasie und Wahrnehmungen 






Wenn Ihnen jemand sagt: «Denken Sie an einen Hund.» Sehen die meisten Menschen ein visuelles Bild eines Hundes. Vielleicht aus einer Erinnerung, vielleicht aber auch ein Hund welcher blau oder gepunktet, gross, klein, rund oder lang ist. Die meisten Menschen sehen Bilder im Kopf, ausser diese Fähigkeit ist nicht oder im Hirn anders entwickelt. Hierbei sprechen Forscher anscheinend von einer sogenannten Aphantasie. Dies bezeichnet Menschen, welche über keine Vorstellungskraft verfügen. https://de.wikipedia.org/wiki/Aphantasie
 
Wenn aber von der Norm gesprochen wird, können sich die meisten Menschen einen Hund vorstellen. Jeder Hund sieht allerdings anders aus in der Fantasie jedes einzelnen Menschen und dies ist eigentlich sehr interessant. 

Wir Menschen sind also von Natur aus sehr visuell. Wir denken nicht an das Wort Hund mit allen Buchstaben, meistens stellen wir uns auch keine Nahaufnahme des Hundefelles vor. Manche Menschen sehen vielleicht kurze Szenenbilder oder Erinnerungen, wie ein Hund mit ihnen spielt oder sie anknurrt. Auch hier sind unsere Gedanken eigentlich sehr visuell. In einem Gespräch realisieren wir dies meisten kaum, da ganze Sätze geformt werden und währendem wir sprechen nicht alles bis ins kleinste Detail vor unseren visuellen Augen in der Fantasie geformt wird. Auch hier denke ich, sind Menschen sehr unterschiedlich in der eigenen Wahrnehmung. 

Wertung 

In der Spielgruppe und im Kindergarten werden diese Fähigkeiten gerne gefördert und das Ausmalen von Bildern oder das Zeichnen und das Basteln haben einen genauso wichtigen Stellenwert wie etwa das Rätsel lösen, sammeln und Studieren von Objekten und anderen Aufgaben. Bereits als Kinder können wir mit einfachen Zeichnungen sehr vieles ausdrücken, was uns beschäftigt oder gar lernen Dinge besser zu verstehen, da wir auf Bilder und visuelle Reize viel besser ansprechen als auf geschriebene Worte. Auch als erwachsene Person reagieren wir viel mehr auf Bilder als auf Text. Desto älter wir aber werden, desto unwichtiger wird das Zeichnen und das Malen oder die Fähigkeit sich auf diese Art kreativ auszudrücken. 

Dies mag für manche Menschen optimal sein aber für andere ist es frustrierend und enttäuschend. Hier spreche ich natürlich von meiner eigenen Erfahrung und dies soll keine Kritik an unser Schulsystem sein. Mir ist bewusst, dass sehr viele Lehrer sich enorm Mühe geben, den Kindern und ihren Talenten gerecht zu werden, allerdings erinnere ich mich auch an das Gefühl von Massenabfertigung und das auswendig lernen von starren Fakten, ohne jegliche Förderung der eigenen Fähigkeit etwas zu kreieren. 

Meine Bilder im Kopf

Ich selber sehe beim Sprechen mit anderen Personen, oft Bilder im Kopf welche die Informationen, die ich erhalte, in visuelles umsetzen. Dies hilft mir sofort Zusammenhänge besser zu verstehen oder ein besseres Gefühl dafür zu erhalten. Dies tun die meisten Menschen bewusst oder unbewusst. Manche Namen oder Wörter sehe ich auch eher als Farben oder Formen neben meinem Gesicht oder eher im Hinterkopf. Dies ähnelt eher einem Gefühl, so wie Jemand den bitteren Geschmack einer Zitrone im Mund hat, welche mit der blossen Vorstellung aufkommt. Es ist lediglich eine Art zu denken und Informationen zu verarbeiten.  Menschen haben tatsächlich verschiedene Arten wie Informationen im Hirn verarbeitet werden. Meistens sprechen wir nicht darüber, da wir automatisch immer davon ausgehen, dass andere Menschen es gleich wahrnehmen wie wir selbst. Wir schliessen von uns auf andere Menschen. Genauso wahrscheinlich könnte es sein, dass ich die Farbe «Grün» anders wahr nehme als andere Menschen usw... Hier ist auch der Begriff «Synästhesie»https://de.wikipedia.org/wiki/Synästhesie ganz interessant und laut Statistik erleben dies viele Menschen so. Auch ich sehe mich in diesem Bereich, allerdings in schwacher Form denke ich.

Meine Fantasie habe ich als Kind sehr gerne für diverse Dinge bewusst angewendet und laut Statistik tun dies die meisten Kinder. Ab einem gewissen Alter hören die Menschen damit aber auf, da es laut ihrem Umfeld nicht erwünscht, nicht wichtig, nicht benötigt oder gar störend sein mag. Schliesslich muss jeder mal erwachsen werden, blablabla. Wir lernen schnell ab einem gewissen Alter, dass manche Sachen, Ideen oder Interessen eher «nur» für Kinder sind. Ist das so und weshalb?

Hierbei möchte ich gerne erwähnen, wie häufig ich mich für meine Interessen als Teenager geschämt habe, da ich mich nur für Comics, Zeichnungen, Zeichentrickfilme, Geschichten oder sonstige Kunst-Nerd Dinge interessiert habe. Ich hatte das Gefühl ein totaler Freak zu sein und ein sogenannter Nerd. Obwohl ich mich nicht so stark für klassische Schulfächer interessierte aber dafür umso mehr für das Schreiben eigener Geschichten und Comics. Ich war wohl ein kreativer Nerd und hatte häufig das Gefühl komisch zu sein. Heute ist mir bewusst, dass jeder Teenager diese Phase der Ausgrenzung auf seine Art und Weise durchmacht. Glücklicherweise bemerkte ich im gestalterischen Vorkurs, dass es noch andere Menschen von meiner Sorte gibt, welche die gleichen Denkprozesse haben und ich auch diesbezüglich überhaupt nicht speziell oder sonderbar bin.

Tatsächlich hat das Zeichnen und das Malen in der Gesellschaft häufig einen kindlichen, sogar «peinlichen Charakter», solange dies nicht als Profession oder im fotorealistischen Sinne ausgeübt wird. Hier spreche ich nur von meinen Erfahrungen. Ab und zu bekam ich das Gefühl, etwas zu tun was eigentlich «nur» Kinder machen und somit irgendwie in der Entwicklung zurückgeblieben zu sein. Deswegen aufgehört habe ich nie und heute sehe ich es eher so, dass erwachsene Menschen zurück geblieben, beschränkt und verkümmert sind, welche nicht Zeichen oder fähig sind kreativ zu denken. (Kleiner Spass) 


Aus dem Kopf, aufs Blatt Papier

Unglaublich viele Nervenzusammenbrüche habe ich als Kind erlebt, wenn meine Zeichnung nicht meinen Vorstellungen entsprach. Dabei wollte ich für andere sichtbar machen, was ich mir in meinem Kopf vorstelle aber konnte es nicht. Dies fühlte sich enorm frustrierend an und häufig wurde ich beim zeichnen sehr wütend. Ich wiederholte immer und immer wieder dieselben Formen, bis ich sie mir auswendig merken konnte. Ich kombinierte neue Formen, bis etwas Neues entstand was mir gefiel. Ich versuchte zu illustrieren was ich als Kind mit anderen Kindern gespielt hatte. Im Zeichnungsunterricht der Schule wollte ich häufig noch viel weiter gehen im Prozess aber fühlte mich meistens nicht gefordert und von den Anforderungen gelangweilt. Mein Interesse bestand vor allem im Zeichnen und der Kreation von neuen Dingen oder Geschichten und Zusammenhängen. Klassische Schulfächer langweilten mich zutiefst. Ebenfalls fand ich es seltsam wenn andere Kinder nicht die selbe Faszination dieser Dinge hatten wie ich. Es schien mir so natürlich wie die Luft zum atmen aber lernte früh, dass andere Kinder bei weitem nicht die selbe Art von Interesse teilten und auch der Schulunterricht natürlich nicht diese Interessen forderte und verfolgte. Hier lernte ich also als Kind, dass es nicht Sinn macht, von sich auf andere zu schliessen. Die schönen Bestätigungen meiner Klassenkameraden waren mir nicht genug, da ich selber mein grösster Kritiker war. Auch heute kenne ich die selbe Frustration nach wie vor aber bei weitem nicht so tragisch und chaotisch wie als Kind. Sehr gerne stellte ich mir Geschichten mit meinen eigenen Figuren vor und hörte dabei die Filmmusik von Hans Zimmer.



Viele Leute glauben, dass ich genau zeichnen kann, was ich in meinem Kopf sehe. Dies stimmt in meinem Falle nicht. Ich mag Ideen im Kopf haben oder Elemente welche ich für passend empfinde. Meistens wird mein Bild nie so wie ich es mir vorgestellt habe. Dies wäre ein fotorealistisches Denkvermögen. Ich habe lediglich eine Ahnung wie es aussehen wird und aufgrund von Erfahrung aus jahrelanger Übung bin ich heute fähig in meinen Komfortzonen ungefähr ein Ergebnis zu ertasten.

Bilder werden meisten besser als in meiner Vorstellung, wenn ich mich nicht daran festhalte und im Prozess improvisieren kann. Dies ist zumindest bei abstrakteren Dingen so. Wenn es sich um eine einfache Landkarte handelt, welche in hellen Farben umgesetzt werden muss, liegt meine Vorstellung dem Endergebnis ziemlich nahe aber auch hier ist ständig ein Prozess involviert, welcher ständig Bearbeitung, Abänderung, Anpassung und Adaptionsfähigkeiten erfordert, damit es schliesslich meinem Anspruch gerecht wird und ich es der Welt als fertiges Bild präsentieren kann. Es ist immer ein Prozess, welcher Zeit benötigt.

Alles ist ein Prozess

Daher sind die meisten Menschen, welche nicht in meiner Branche tätig sind erstaunt, wenn ich ihnen erkläre wie viel Aufwand ein sogenannt «einfaches Bild» haben kann. Ich kann dies allerdings natürlich verstehen, da wir in unserem Alltag «Bilder» sei es auf Grusskarten, Postkarten, Schultaschen oder Mappen sehen und 2–30 CHF bezahlen müssen, mehr nicht. Hier vergessen die Leute häufig, dass all diese Gegenstände in Massen produziert worden sind und der Künstler bei weitem mehr verdient hat als ein paar Schweizer Franken, da sein Aufwand unter Umständen ziemlich gross war um genau das richtige Design oder Bild zu kreieren, welches in all seinen Details stimmt und somit für den Käufer als attraktiv gilt, (Wenn keine Ausbeutung oder Missbrauch angewendet wurde). Gutes Design oder Kunst kann Tagelang im Prozess sein oder sogar Wochen. Dies ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Es sollte aber auch Niemand bestraft werden, welcher sich diese Fähigkeiten mühsam jahrelang angeeignet hat und somit schneller ans Ziel kommen kann als andere. Wenn ein Bäcker ein feines Gipfeli machen kann, kostet dieses eigentlich auch nicht weniger, nur weil der Bäcker nun die Fähigkeiten hat, schneller gute Gipfeli zu machen als der Nachbar nebenan. Aber dies ist ein anderes Thema.

Einfache Figuren oder gesetzte Linien, mögen einfach zu machen scheinen aber ich benötigte jahrelange Übung und viele Stunden Fleissarbeit, um mit meiner Fähigkeit da zu sein, wo ich jetzt bin und auch heute bin ich noch lange nicht dort wo ich sein möchte. In meinen privaten Bildern sind sehr viele Fehler zu sehen, welche nur ich kenne, aber einfach stehen lasse, weil ich versuche mit den Fehlern zu leben und daraus lernen kann Schritt für Schritt immer besser zu werden. Den Leuten fallen die Fehler ab und zu auf und sprechen mich darauf an. Hierbei möchte ich transparent sein und denke mir manchmal so: «Wenn ich nur Bilder öffentlich zeigen würde, welche meiner Meinung nach ohne Fehler sind, würde ich wohl kaum mehr Interessante Dinge erschaffen oder noch was zeigen wollen.» Weil die Haltung = Jaaaaa keine Fehler zu machen, mir immer die Freude wegnahm und nur für Verstopfung im kreativen Prozess sorgte. Wie Bob Ross schon schön sagte: «Happy little accidents»

Bob Ross


Ich arbeite als freischaffende Illustratorin und versuche meine Fantasie und Wahrnehmung nach wie vor zu fördern und zu trainieren. Vielen Dank für Ihr Interesse.





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