Teil 1.Visuelle Kommunikation in Japan

In Japan scheinen ganze Bildsprachen und Designs auf seriöser Basis zu funktionieren, welche in unserer westlichen Welt eher nicht vorstellbar sind. Aber warum ist das so? 



Andere Kulturen,  andere Gerichte, andere Sitten und auch eine andere visuelle Kommunikation. Manches scheint universal zu funktionieren, anderes lässt den Betrachter erstaunen und gar schmunzeln oder verwirren. Spannend ist es jedenfalls.

Bereits jetzt weiss ich, dass ich dieses Thema nicht in einem Beitrag zusammenfassen kann und beschloss daher einen Mehrteiler daraus zu machen. In diesem Blog geht es um die Unterschiede in der visuellen Kommunikation zwischen Japan und der Schweiz. Als ich im Jahre 2015 das erste Mal nach Japan reisen konnte, fiel mir diese andere visuelle Art sehr schnell auf. Natürlich ist es in jedem Land und jeder Kultur anders, auch was Schriften oder sonstige Zeichen angeht (sowie Farben und Formen). Aber Japan liess mich besonders als Grafikerin und Illustratorin vor Ort mehr staunen und verblüffen als ich es mir vorstellen konnte.

Japan hat insbesonders illustrativ eine viel ältere Bildsprache, welche an einen modernen grafischen Stil erinnert als wir es in Europa kennen. Die ältesten bekannten Vorläufer der japanischen Comic-Kunst zum Beispiel sind Zeichnungen und Karikaturen aus dem frühen 8. Jahrhundert. Tief verankert in der Kultur und grosser Bestandteil einer Überlieferungsform von Geschichten und Wissen, hat sich diese Kunst seither immer weiter entwickelt und existiert sichtbar natürlich und organisch in der heutigen japanischen Kultur. Ein fester Bestandteil, welcher ich einzigartig empfinde und wir auf diese Art im Westen nicht kennen.

Was machen den all diese Figuren in der visuellen Kommunikation?

Beispielsweise hat eine seriöse Bank ein Logo eines Hundes mit Zylinder-Hut, Ein Parkhaus wird mit einer Nautilus-Figur gezeichnet, Ein Strassenschild zeigt einen Maulwurf mit Helm, um auf Bauarbeiten aufmerksam zu machen. Ein Handy Anbieter hat eine sprechende Katze als Firmenlogo und noch viel mehr. Dies mag alles für eine westliche Ansicht völlig schrill und kindisch klingen, aber in der japanischen visuellen Kommunikation gibt es diese klare Trennung wie bei uns nicht und scheint grenzenlos und voller kreativer Möglichkeiten zu sein.

Ich sehe Bilder und Figuren, welche in unserer westlichen Welt niemals in diesem Zusammenhang funktionieren würden oder zumindest nicht als seriös betrachtet werden könnten. Aus Gewohnheit denke ich mir als Erstes bei all diesen herzigen oder lustigen Figuren an Kindersachen oder Spielzeugläden. Beim genauen Betrachten fällt aber sehr oft auf, dass es sich nicht um kindliche Themen handelt, sondern um normale erwachsene Alltags bedingte Situationen wie etwa schon erwähnt Strassenschilder in Fussgängerzonen oder sogar ganze Erscheinungsbilder von Kaffeehäuser, Läden und sogar Banken und Geschäftshäuser.

Empfinde ich dies nun aber kindisch und übertrieben als Europäer oder wie ist das? Anfangs war es ganz klar ungewohnt und mit viel Aufregung und Freude verbunden (als Illustratorin). Mir schien es auf einem anderen Planeten umher zu laufen und wunderte mich über jede visuelle Ansicht, die zu funktionieren schien. Nicht nur für eine kreative Person wie mich, welche sowieso Freude an Figuren und grafischen Ansichten hat, sondern schien es für jeden normalen Bürger zu funktionieren.

Mein kreatives Herz war und ist nach wie vor entzückt und erfährt grossen Spass dabei diese Eindrücke einzufangen. Manch eine Person aus dem Westen, denkt sich natürlich: "Die sind doch voll verrückt! Ein Donut essender Frosch als Logo für eine Bank? Was zum Teufel!? Das ist doch voll irre! Das ist nicht normal." 

Was ist denn genau normal? Was erlernen wir von Kindheit auf und gehört unbewusst zu unserer Kultur und was ist universell? Japan liess mich also den Kopf schütteln und verblüffen darüber was alles in der visuellen Kommunikation möglich sein kann und meiner Meinung nach tatsächlich sehr gut funktioniert, wenn der Betrachter sich an diesen visuellen Eindrücken gewohnt oder wohl offen dafür ist. Was ist also von Kindheit an in unserer Kultur erlernt und was ist wirklich menschlich universell? Wie die Sprache und der Sinn von Humor in jeder Kultur unterschiedlich ist, so merkte ich, dass die visuelle Kommunikation sich auch logischerweise dem anpasst.

In unserer Kultur lernen wir schnell, dass lustige Figuren nur für Kinder sind und erwachsene Personen daran nicht mehr Freude haben sollten. Zumindest nicht öffentlich oder nur, wenn Sie selber Kinder haben und dies mit ihren eigenen Kindern teilen möchten. Daher ist es unvorstellbar zum Beispiel in der Schweiz eine Bank mit dem Logo eines sprechenden Käses zu haben. Dies wäre für uns sehr unseriös und verrückt. Oder? Aber warum funktioniert es in Japan? Was ist universell und was ist kulturell?

Ein Lächeln scheint meiner Meinung nach universell zu sein oder das Abbilden von ganz klaren und einfachen Emotionen, aber in der visuellen Kommunikation geht es vor allem darum etwas zu bewerben oder einem Unternehmen, einem Thema ein Gesicht zu geben und dies funktioniert meiner Meinung nach in Japan sehr gut. Einfach ungewohnt und spannend für einen westlichen Betrachter.

Grundsätzlicher Unterschied Schweiz und Japan in der klassischen visuellen Kommunikation meiner Meinung nach.





In der Schweiz sehen wir bei Plakaten oder grundsätzlich in der klassischen Werbung vor allem Menschen, welche uns anlachen. Sehr gerne zeigen wir auch Berge und Landschaften, da uns dies gleich ein vertrautes Gefühl vermittelt. Dies ist im ganzen Westen ziemlich stark vertreten. Das Zielpublikum selber wird gerne als Bild gezeigt und erscheint in den meisten Werbemittel eigentlich sehr dezent, sympathisch oder freundlich. In aufwendigeren Kampagnen wo mehr Budget vorhanden ist zeigen sich vielleicht die Personen mit verschiedenen Kleidern, dem Logo, vielleicht sogar in witzigen Situationen, welches den Betrachter schmunzeln lässt. Grafischer interessant wird es in der visuellen Kommunikation meiner Meinung nach in der Norm eher bei Kultur oder Kunstplakaten oder sehr ausgefallenen teuren Produkten, welche sich Risiko leisten können und auffallen möchten. In der klassischen Werbung sehen wir aber vor allem langweilige (Istock) Bilder, welche schon ziemlich abgelutscht immer das Gleiche zeigen, aber so funktioniert unsere visuelle Kommunikation und der Kunde ist zufrieden, da vor allem auch meistens auf das Budget geachtet werden muss. Ausgefallenes hat wie bereits erwähnt nicht Platz im kommerziellen, sondern eher in den Nischen von Kunst, Kultur oder Musik.

In Japan jedoch erstreckt sich dies durch alle Werbemittel. Egal ob ein kleiner Friseursalon oder eine grosse Bank. So scheint es mir, ist die klassische Werbung dort fast ausschliesslich grafisch oder illustrativ und das empfinde ich ziemlich faszinierend und spannend. Ein sympathisches Lachen eines Menschen als Abbild würde in Japan alleine nicht funktionieren, weil es wohl nicht aussagekräftig ist oder schlicht und einfach als zu langweilig empfunden werden würde. So habe ich das Gefühl.

Natürlich kann sich auch dort wie bei uns einiges wiederholen und nach einer gewissen Zeit, fallen einem die einzelnen Figuren nicht mehr so stark auf wie am Anfang. Es wird normal. Als ich von Japan wieder in die Schweiz zurückkam, fiel mir aber sehr stark auf, dass unsere Werbung in der Norm sehr klassisch und dezent ist. 

Warum funktioniert diese Art von visueller Kommunikation in Japan?


Das Zielpublikum in Japan ist sich schon von Kindheit an diversen Figuren und Geschichten auf visuelle Art und Weise gewohnt. Sogar bis ins hohe erwachsenen Alter lesen die Menschen sogenannte Mangas und Comics. Sogar viele Sachbücher sind als Comic zu konsumieren. Ganz anders als bei uns wobei lustige und herzige Figuren ausschliesslich nur Platz in der Kinderwelt haben und für erwachsene Menschen keinerlei Verwendung oder Bezug bilden. In Japan so scheint es mir, existiert dieser Übergang von Kindheit zu Erwachsen visuell nicht und es werden für alles Mögliche lustige Figuren verwendet, welche den Betrachter schmunzeln lässt und eine grosse Wiedererkennung herstellt. Das faszinierende daran, so empfinde ich, ist das diese Figuren als passend und nicht etwa unseriös oder kindisch empfunden werden. 

Tatsächlich habe ich das Gefühl, dass es eine grosse Rolle spielt in welchen Bereichen unserer Lebens wir solche Figuren antreffen und somit Verknüpfungen und Verbindungen schaffen. In unserer westlichen Kultur sind solche, wie bereits erwähnt, ausschliesslich nur in Produkten für Kinder zu finden. Somit lernen wir unbewusst schon als Kinder, dass dies ausschliesslich für uns gedacht ist und wir als erwachsene Personen nicht mehr mit solchen Figuren in Verbindung kommen werden. 

In Japan aber, aufgrund der kulturell uralten Tradition von Mangas, grafischer Kunst und so weiter, sind solche Ansichten und Bilder auch in der erwachsenen Welt normaler Bestandteil des Betrachters. Ganze Wissens und Themengebiete werden in Form von Comics oder bildlicher Sprache übersetzt, um besser verstanden zu werden oder Wissen auf unterhaltsame Art und Weise weiter gegeben. Beispielsweise gibt es ganze Comic Romane nur zum Thema Fotografie, Schachspielen, Wandern und so weiter.
 
Natürlich denken jetzt auch viele Leser schmunzelnd auch an die bekannten Hentai oder Erotik Mangas, wofür Japan sicherlich unter den Nerds oder Geeks bekannt ist. Klar ist auch dies ein riesen grosser Markt für Erwachsene, welcher im Westen eher als skurril, peinlich oder komisch gilt. Auch wenn es wohl auch die verstörendsten und komischen Themen als Comics gibt, so werden keine Menschen dafür benutzt. Nur der Zeichner, welcher sich dies alles ausdenkt, benötigt die krankhafte Fantasie. Auch hier ist die Bezeichnung was genau krank ist, eine subjektive Ansicht bis zu einem gewissen Grad. Es ist einfach mit dem Finger auf andere zu zeigen. Die Perversen, welche Erotik-Mangas lesen. Ja mag sein, aber ist nicht die ganze Welt bereits pervers, wo laut Statistik 70% des Internet-Konsums alleine für Pornos gilt? Aber das ist ein anderes Thema.

Illustrationen und grafische Bilder sind also in Japan in jedem Altersbereich vertreten und sichtbarer Bestandteil des visuellen Alltages. Das Lesen von Comics ist normal und das kaufen von Merchandise-Produkten von diversen Figuren ist auch als erwachsene Person völlig normal und sogar erwünscht. Da Japan in der Statistik auch ein Land ist, in der sehr viel gearbeitet wird und in der Norm wenig Freizeit herrscht, besteht auch eine grosse Konsumbereitschaft. Mit vielen kleinen und diversen Figuren zu jeder Saison anders aufbereitet ist dies wirtschaftlich also ebenfalls ein Profit, wenn solche Charaktere nicht nur für Kinder betrachtet werden. Figuren und kleine Geister haben ihren Ursprung auch in einer Religion Japans und das ist der Shinto aber dies erwähne ich im nächsten Teil detaillierter. Hier sind einpaar Sammlungen von Figuren von mir zu sehen:
(Es folgen noch einige mehr)







Ich selber lasse mich sehr gerne von anderen Kulturen und Orten inspirieren.
Ich arbeite als Illustratorin.


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